Neulich im Seminar …
… forderte ich die Teilnehmer auf, die Konflikte zu schildern, die sie momentan am meisten belasten. Das Thema war Konfliktmanagement am Arbeitsplatz.
Ein junger Unternehmer schilderte, er habe sich letzte Nacht gemeinsam mit seiner Freundin zum wiederholten Mal über die Nachbarn geärgert. Die Nachbarn seiner Eigentumswohnung seien offenbar Hard Rock-Fans und fingen gegen 2 Uhr nachts an, ihre Musik so richtig laut aufzudrehen.
Ansonsten schien das Paar mit allen Parteien im Mehrfamilienhaus angenehmen Kontakt zu haben und so hätten sie die Nachbarn schon mehrfach freundlich auf die nächtliche Ruhestörung angesprochen. Bisher ohne Erfolg: „Es ist wie bei Und täglich grüßt das Murmeltier“, sagte der Unternehmer verzweifelt, „die machen Lärm, wir regen uns auf und klopfen an die Wände, schmieden finstere Rachepläne, dass wir ihnen die Reifen aufstechen, wie wir sie am nächsten Morgen zur „Schnecke machen“ oder die Polizei rufen. So kann das nicht weiter gehen!“
Eine harte Konfrontation schien ihm der einzige Ausweg.
Zuvor hatten wir Bedürfniskonflikte und Wertekonflikte voneinander abgegrenzt. Ihm wurde klar, dass er mit seinem „Rachefeldzug“ die Nachbarn von seinen Werten, nämlich, wie man sich „anständig“ verhält, überzeugen wollte, notfalls mit Staatsgewalt. Viel offensichtlicher war aber allen anderen Seminarteilnehmern, dass es hier vor allem um einen Bedürfniskonflikt geht. Nämlich das sehr berechtigte Bedürfnis des Paares, nachts schlafen zu können.
Wir erarbeiteten ein mehrstufiges Vorgehen, wie er und seine Freundin den Nachbarn dieses Bedürfnis, ihren Ärger und ihren Wunsch noch deutlicher klar machen könnten. Ganz legal durch das Aushandeln von Kompromissen. Ja, das braucht Zeit, die richtigen Worte, den richtigen Moment, die Bereitschaft zuzuhören und ganz viel Geduld. Aber wie wir aus dem erwähnten Film wissen, ist die Lösung vieler Konflikte, sich auf die Perspektive des anderen einzulassen, nicht der schnellste, aber immer der beste Weg, Konflikte zu lösen.
Mit herzlichen Grüßen